OFFENAU, rund 2.700 Einwohner: Joachim Fritz, Hochwasserbeauftragter der Gemeinde Offenau und sein Stellvertreter Rainer Beer, beide im Technischen Bauamt tätig und in der Sandstraße in Offenau aufgewachsen, erzählen von ihren persönlichen Hochwassererfahrungen. Über die Auswirkungen des 2 Kilometer lang gebauten Hochwasserdamms auf der Westseite der Gemeinde und wie sie versuchen, das Wissen um die Hochwasserrisiken in der Bevölkerung wach zu halten. Nadine Herwerth-Gajer ist in Offenau zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit.
Leben mit dem Neckar in der direkten Nachbarschaft
„Herr Beer und ich sind als Hochwasserschutzbeauftragte benannt,“ erklärt Joachim Fritz. „Das ist so ein Titel, der sich nicht in Geld auszahlt (lacht).“ Rainer Beer und Joachim Fritz sind für die Umsetzung des Alarm- und Einsatzplans zuständig – Managen, Überwachen, Prognostizieren – sie organisieren das Thema Hochwasser von Verwaltungsseite aus. „Da wir beide in der Sandstraße, die heute unmittelbar am Damm liegt, aufgewachsen sind, waren wir von den Hochwasser-Ereignissen 1978 und 1993 direkt betroffen“, berichtet Joachim Fritz. „Offenau wurde früher nicht nur vom Neckar überschwemmt, sondern auch durch Kanalrückstau. Rückstauschutz in den Gebäuden gab und gibt es so gut wie gar nicht. Bei Hochwasser hieß es ‚Keller ausräumen und in die erste Etage‘.“
Mehr zu den Erfahrungen mit Hochwasserereignissen „Der Neckar konnte damals ohne Probleme ins Dorfgebiet eindringen. Alles, was westlich der B27 lag, war in Aufruhr, räumte und pumpte Keller aus. Die Häuser in der Neckarstraße wurden teilweise höher gebaut, weil man wusste, dass das Wasser dort hochläuft. Die Familien, die dort lebten, hatten oft ein Zimmer unter dem Dach – für den Fall, dass der Neckar vor der Tür steht und sie von dort aus gerettet werden mussten“, erinnert sich Joachim Fritz.
Rainer Beer war selbst früher bei der Feuerwehr. „Wir haben die Leute aus dem Schlauchboot versorgt oder sind mit ihnen zum Doktor gefahren und so weiter. Auf das Hochwasser-Ereignis von 1993 folgte 1994 ein abgeschwächtes Hochwasser. Die Leute hatten den Schaden von 1993 gerade beheben lassen, da gab es bereits den nächsten hohen finanziellen Schaden.“
Mittlerweile gibt es den Hochwasserdamm auf der Westseite des Ortes, 2 Kilometer lang und mit insgesamt vier Durchlässen. Diese werden im Ernstfall mit mobilen Wänden geschlossen. Zudem überwacht die Gemeinde mit Unterstützung des Abwasserzweckverbandes Unteres Sulmtal die vier Hochwasserpumpwerke, die zwischen 2001 und 2004 mit Landeszuschüssen gebaut wurden.
„In diesem Punkt sind wir sehr zufrieden. Bei Störungen schauen wir teilweise selbst nach, wo der Fehler liegt. Die zwei gebauten Regenüberlaufbecken halten im Normalwetterfall den Regen zurück und helfen uns auch im Fall eines Starkregenereignisses“, berichtet Rainer Beer.
Und die Bevölkerung? Joachim Fritz meint: „Die reagiert mittlerweile gelassen auf das Hochwasser. Da die mobilen Wände nur circa 1,20 Meter hoch sind, können die Leute problemlos darüber sehen und den Neckar beobachten. Während des letzten Hochwassers saßen manche auf ihrer Terrasse und tranken entspannt ihr Weizenbier.“ Sie prosteten mir zu und ich dachte: „Das hätte es früher nicht gegeben.“
© Archiv Gemeinde Offenau Aufbau der mobilen Wände / Hochwassertore zum Verschluss der Damm-Durchlässe in der Holzstraße im Jahr 2013